Massage bei Regelschmerzen: Wissenschaft oder Placebo?
- Enrico Fonte

- 22. Juli
- 3 Min. Lesezeit

Regelschmerzen oder Menstruationsschmerzen begleiten viele Menschen regelmäßig – oft still, manchmal heftig, fast immer unterschätzt. Doch in den letzten Jahren zeigen klinische Studien zunehmend, dass gezielte manuelle Techniken tatsächlich helfen können, Schmerzen zu lindern, das Wohlbefinden zu verbessern und die Erfahrung des Zyklus positiv zu verändern. Aber wo endet der Placeboeffekt – und wo beginnt echte therapeutische Wirkung? Ein genauerer Blick auf die Forschung hilft, diese Grenze zu erkennen.
Viele Menschen berichten bereits nach einer einzigen Massage von Erleichterung. Doch subjektives Empfinden reicht allein nicht aus, um eine Methode als wirksam zu bewerten. Entscheidend ist, ob klinische Studien systematische Effekte belegen – und das tun sie in mehreren Fällen.
Eine der am besten untersuchten Methoden ist die tiefe viszerale Manipulation, eine osteopathische Technik, die die Beweglichkeit von Organen wie Gebärmutter und Eierstöcken verbessert. In einer klinischen Studie zur primären Dysmenorrhoe reduzierte diese Methode die Schmerzen um durchschnittlich 3,85 cm auf der VAS-Skala – deutlich mehr als die TENS-Behandlung, die nur 0,83 cm erreichte¹. Ein weiteres RCT mit Teilnehmenden mit PCOS zeigte, dass acht Sitzungen viszeraler Manipulation über drei Monate, kombiniert mit Ernährung, signifikant bessere Ergebnisse erzielten als eine alleinige Ernährungsberatung².
Auch die Bindegewebsmassage (CTM) und das myofasziale Release (MRT) zeigen messbare Wirkungen. Die CTM, angewendet im sakralen, lumbalen und abdominalen Bereich, führte in einer brasilianischen Studie zu einer Schmerzlinderung zwischen 30 % und 60 % – bei nur zwei Sitzungen pro Woche über drei Monate³. Ein weiteres RCT bestätigte diese Wirkung: CTM war deutlich effektiver als Placebo-Ultraschall⁴. Im Vergleich zwischen zehn Sitzungen CTM und einer MRT-Behandlung zeigten beide Methoden positive Effekte, wobei MRT die Schmerzschwelle stärker anhob⁵.
Eine oft unterschätzte, aber sehr sanfte Methode ist die manuelle Lymphdrainage (MLD). Sie fördert nicht nur die Lymphzirkulation, sondern aktiviert auch das parasympathische Nervensystem. In einer Studie mit Menschen in der Menopause reduzierte bereits eine einzige 30-minütige Sitzung die Cortisolwerte um 44 % und den DHEA-Spiegel um 27 % – verbunden mit einem Rückgang von Stress und Erschöpfung⁶. Eine aktuelle Übersichtsarbeit zeigt, dass MLD Entzündungen, Schmerzen und Müdigkeit reduzieren kann, möglicherweise durch die Verbesserung der Mikrozirkulation und der vagalen Regulation⁷. Auch während des Menstruationszyklus berichten viele Personen von einem Gefühl der Entlastung im Unterbauch, einer Reduktion von Krämpfen und tieferem Loslassen⁸.
Ein wirksamer Menstruationsmassage-Ansatz ist nie eindimensional, sondern kombiniert mehrere Techniken individuell. Die viszerale Manipulation eignet sich besonders in den Wochen vor der Blutung – ein- bis zweimal pro Woche. Die CTM entfaltet ihre Wirkung bei regelmäßigen Behandlungen über mindestens drei Monate. MRT kann gezielt in den schmerzintensivsten Tagen angewendet werden. MLD wirkt am besten mit 30-minütigen Sitzungen vor und nach der Menstruation.
Wichtige Zonen für die Behandlung sind: der untere Bauch und die Beckenregion zur Förderung der viszeralen und lymphatischen Zirkulation, der lumbosakrale Bereich zur Lösung tiefer Spannungen sowie Brustkorb und Dekolleté, um emotionale Spannung zu lösen, die Atmung zu vertiefen und Lymphfluss zu stimulieren.
Eine integrierte Sequenz beginnt mit tiefer Bauchatmung und sanfter MLD an Brust und Bauch, setzt sich fort mit viszeraler Arbeit an Gebärmutter und Ovarien, führt über zur CTM im Lenden- und Bauchbereich und schließt mit MRT zur Schmerzregulation. Ein bewusster Atem und ein Moment der Ruhe helfen zum Schluss bei der Integration.
Bodymind Therapy empfiehlt
Für spürbare Ergebnisse empfiehlt sich mindestens eine Massage pro Monat über zehn Monate. Der optimale Zeitpunkt liegt etwa 7–10 Tage vor der Menstruation, doch auch in den ersten 1–3 Tagen der Blutung können Behandlungen hilfreich sein – insbesondere bei akuten Schmerzen.
Empfohlene Techniken bei Regelschmerzen
Bauchmassage mit Aromatherapie zur Beruhigung und Regulation.
Bindegewebsmassage im lumbosakralen Bereich zur Lösung tiefer Spannungen.
Schwedische Massage zur Entspannung und Stressreduktion.
Myofasziales Release bei anhaltenden Schmerzen und tiefsitzender Spannung.
Manuelle Lymphdrainage zur Unterstützung von Entgiftung und Beruhigung.
Behandlungszonen
Bauchwand und Uterusregion
Lumbosakrale Wirbelsäule (T12–L5, Sakrum)
Faszien und ligamentäre Strukturen im kleinen Becken
Massage ist ein nicht-invasiver, evidenzbasierter Ansatz ohne relevante Nebenwirkungen. Sie lässt sich gut in ganzheitliche Therapiepläne integrieren – und bietet einen konkreten, körpernahen Weg, Menstruationsbeschwerden mit Fürsorge und Wissen zu begegnen.
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Quellenverzeichnis
Alves et al. (2021). Visceral Manipulation vs TENS in Primary Dysmenorrhea
Yosri et al. (2022). RCT: Viszerale Manipulation + Diät vs. nur Diät bei PCOS
Bastos et al. (2010). CTM zweimal wöchentlich über drei Monate
RCT: CTM vs. Placebo-Ultraschall
Gozuyesil et al. (2023). CTM vs. MRT – 10 Sitzungen – Schmerztoleranz
MLD-Studie (Menopause): Effekte auf Cortisol und DHEA
Review: MLD bei Erschöpfung, Schmerzen und Mikrozirkulation
Klinische Beobachtungen: MLD und Menstruation



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