Der Vagusnerv in der Massagetherapie: Der Schlüssel zur psychosomatischen Entspannung
- Enrico Fonte

- 7. Juli
- 4 Min. Lesezeit

Vagusnerv in der Massagetherapie: Der Weg zur tiefen Entspannung
In unserer schnelllebigen Welt laufen viele Menschen mit einem Nervensystem herum, das im Dauer-Alarmmodus steckt – überreizt, verspannt oder innerlich abgeschaltet. Doch es gibt einen sanften und gleichzeitig kraftvollen Weg, den Körper wieder in einen Zustand von Sicherheit und Ruhe zu bringen: durch achtsame Berührung. Die gezielte Ansprache des Vagusnervs in der Massagetherapie kann dabei helfen, das Nervensystem zu beruhigen und tiefgreifende Regeneration zu ermöglichen.
Der Vagusnerv ist einer der wichtigsten Nerven im Körper. Er verbindet das Gehirn mit zentralen Organen wie Herz, Lunge und Verdauungstrakt und spielt eine entscheidende Rolle bei der Regulierung von Stress, Stimmung, Immunsystem und Verdauung. Wird er gezielt aktiviert, schaltet sich das parasympathische Nervensystem ein – der Teil unseres Nervensystems, der für Regeneration, Verbindung und Ruhe zuständig ist. In der BodyMind-Therapie beginnt genau hier der Weg zur Heilung. Die Polyvagal-Theorie zeigt, dass ein erhöhter Vagustonus die emotionale Selbstregulation stärkt und das Nervensystem aus dem Alarmzustand zurück in Sicherheit führen kann (Porges, 2011).
Warum Stress und Trauma den Körper brauchen
Menschen mit chronischem Stress oder Trauma reagieren oft nicht auf rationale Erklärungen oder Gespräche. Das liegt daran, dass Trauma nicht nur im Kopf, sondern im ganzen Körper gespeichert ist – in der Muskelspannung, im Atem, in der Haltung und im Bindegewebe. Eine gezielte Aktivierung des Vagusnervs über Berührung sendet ein starkes Signal an das Gehirn: „Du bist sicher. Du darfst loslassen.“
Studien zeigen, dass durch vagale Aktivierung der Herzschlag ruhiger wird, das Stresshormon Cortisol sinkt und die Herzratenvariabilität (HRV) steigt – ein klares Zeichen dafür, dass das parasympathische System aktiv ist (Mat Isar et al., 2022).
Fußmassage: Das Nervensystem erden
Die Füße zu massieren wirkt auf den ersten Blick einfach – doch ihre Wirkung auf das Nervensystem ist tiefgehend. Die Fußsohlen sind reich an Nervenenden, die mit Rückenmark und Gehirn verbunden sind. Sanfte, achtsame und rhythmische Berührung kann hier starke Signale von Sicherheit und Verbundenheit aussenden.
Forschung belegt, dass eine Fußmassage den Vagustonus erhöht, den Blutdruck senkt und die Aktivität des sympathischen Nervensystems reduziert. In einer Studie verbesserte sich die HRV nach einer Reflexzonenmassage deutlich – ein Hinweis auf eine Aktivierung des Vagusnervs (Lu & Kuo, 2011). In der BodyMind-Massage sind die Füße ein Zugangstor zu innerer Ruhe, Stabilität und emotionalem Loslassen.
Fußreflexzonenmassage: Eine Landkarte des Körpers
Die Fußreflexzonenmassage geht noch einen Schritt weiter. Sie basiert auf der Idee, dass bestimmte Zonen auf der Fußsohle mit inneren Organen und Körpersystemen verbunden sind. Durch gezielte Druckpunkte sollen über neuronale Reflexbahnen physiologische Effekte im Körper ausgelöst werden. Auch wenn Reflexologie zu den komplementären Verfahren zählt, zeigen Studien: Sie kann helfen, das vegetative Nervensystem zu regulieren, sympathische Übererregung zu reduzieren und vagale Aktivität zu fördern (Lu & Kuo, 2011). Für die psychosomatische Arbeit bedeutet das eine tiefgreifende Möglichkeit zur Selbstregulation über die Füße.
Gesicht, Hals und Ohren: Von oben nach unten beruhigen
Der Vagusnerv verläuft durch den Hals und hat Äste, die Teile des Gesichts und der Ohren versorgen – vor allem den Gehörgang und die Ohrmuschel. Eine sanfte Massage dieser Bereiche kann das parasympathische System direkt ansprechen. Studien zeigen, dass aurikuläre Stimulation (Ohrmassage) die HRV verbessert und damit den Vagus aktiviert (Trinh et al., 2022).
Auch der Bereich seitlich am Hals – dort, wo sich der Vagusnerv in der Nähe des Karotissinus befindet – ist sensibel. Leichte Berührung kann hier sogenannte barorezeptorische Reflexe auslösen, die beruhigend auf Herz und Kreislauf wirken (Davies & Kenny, 1998). Selbst ein kurzer Nacken- oder Schultermassage-Einsatz von nur zehn Minuten kann nachweislich die vagale Aktivität erhöhen (Mat Isar et al., 2022).
Laut Polyvagal-Theorie ist das Gesicht eng mit dem Vagusnerv verschaltet – über Mimik, Blickkontakt und Atmung. Gesichtsmassagen an den Kiefern, Schläfen oder um die Augen entspannen nicht nur Muskeln, sondern vermitteln dem ganzen System ein Gefühl von Sicherheit und Entlastung (Porges, 2011).
In der Bodymind-Therapie behandeln wir nicht nur Muskeln – wir begegnen dem ganzen Menschen. Der Vagusnerv ist eine der wichtigsten Brücken zwischen Körper und Psyche. Wenn er durch achtsame Berührung aktiviert wird, entsteht echte Entspannung – und Rückverbindung zum eigenen Selbst.
Erlebe es selbst – mit einer Massage von Bodymind-geschulten Therapeut*innen. Oder werde selbst Teil unseres Teams und lerne, wie du diese heilsame Berührung weitergeben kannst.
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Quellen
Porges, S. W. (2011). The Polyvagal Theory: Neurophysiological Foundations of Emotions, Attachment, Communication, and Self-Regulation. Norton.
Lu, W. A., & Kuo, C. D. (2011). Foot reflexology can increase vagal modulation, decrease sympathetic modulation, and lower blood pressure in healthy individuals. Alternative Therapies in Health and Medicine, 17(4), 8–14.
Trinh, D. T. T., et al. (2022). Effects of auricular acupressure on vagal tone and heart rate variability. Evidence-Based Complementary and Alternative Medicine, 2022, 9316791. https://doi.org/10.1155/2022/9316791
Davies, J., & Kenny, R. A. (1998). Tilt table testing: The fallacy of carotid sinus hypersensitivity as a cause of syncope in the elderly. Age and Ageing, 27(3), 329–333.
Mat Isar, N. E., et al. (2022). Immediate effects of massage therapy on heart rate variability and blood pressure. Journal of Bodywork and Movement Therapies, 30, 105–111. https://doi.org/10.1016/j.jbmt.2022.03.001



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