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Behandlung von Migräne: Von Rein Körperlich zu Psychosomatisch


Die Wahrnehmung von Migräne hat sich im Laufe der Zeit signifikant gewandelt. Ursprünglich wurde Migräne als eine rein somatische Erkrankung angesehen, deren Ursachen und Behandlungsmethoden ausschließlich im physischen Bereich gesucht wurden. Dieses Verständnis war vor allem durch die limitierten diagnostischen Möglichkeiten und ein geringes Bewusstsein für die Komplexität von Körper-Geist-Interaktionen geprägt. Die medizinische Forschung konzentrierte sich auf die sichtbaren, messbaren Symptome und vernachlässigte dabei die tiefer liegenden psychischen und emotionalen Faktoren.



Ein Mann mit Migräne fasst sich an die Stirn.


Mit dem Fortschritt in der Neurologie und Psychologie sowie durch interdisziplinäre Forschungsansätze hat sich das Konzept der Migräne jedoch erweitert. Heute wird anerkannt, dass Migräne eine multifaktorielle Erkrankung ist, bei der sowohl biologische als auch psychosoziale Faktoren eine Rolle spielen. Diese Erkenntnis führte zu einer ganzheitlicheren Sichtweise auf die Erkrankung und ihre Behandlung, die sowohl somatische als auch psychosomatische Aspekte berücksichtigt.



Studien und Ergebnisse zum Zusammenhang zwischen Migräne und Stress


Forschungen haben gezeigt, dass Stress ein wesentlicher Auslöser für Migräneattacken sein kann. Studien wie die von Peterlin et al. haben den Zusammenhang zwischen Stress und der Zunahme von Migränefrequenz und -intensität untersucht und festgestellt, dass Stressmanagement-Techniken die Häufigkeit von Migräneattacken reduzieren können. Diese Erkenntnisse unterstreichen die Notwendigkeit, psychologische Faktoren wie Stress, Angst und Depression in die Behandlung von Migräne einzubeziehen.



Bodymind Therapy (BMT): Eine Systemische Körperpsychotherapie zur Behandlung von Migräne


BMT, auch als systemische körperorientierte Psychotherapie bekannt, bietet einen integrativen Ansatz zur Behandlung von Migräne. Diese Therapieform berücksichtigt die Wechselwirkungen zwischen Körper und Geist und zielt darauf ab, die Selbstwahrnehmung und Selbstregulation der Patient:innen zu verbessern. Durch Techniken aus Biofeedback, Entspannungsübungen, Achtsamkeitsmeditation und kognitive Verhaltenstherapie unterstützt die BMT Patient:innen dabei, Stress zu bewältigen, emotionale Belastungen zu verarbeiten und somit die Grundlage für Migräneattacken zu verringern.


BMT geht davon aus, dass psychische Zustände direkte physische Auswirkungen haben können und umgekehrt. Durch die Arbeit an der Schnittstelle zwischen Körper und Geist bietet sie einen vielversprechenden Ansatz für Migränepatient:innen, die sowohl unter den körperlichen Beschwerden als auch unter den psychischen Belastungen der Erkrankung leiden. Diese Therapieform fördert nicht nur die Bewältigung der Migräne selbst, sondern trägt auch zu einer verbesserten Lebensqualität bei, indem sie Patient:innen Werkzeuge an die Hand gibt, um mit Stress und anderen Auslösern effektiver umzugehen.



Wie sieht es praktisch aus?


Die vorgestellten Therapien können in folgende Kategorien eingeordnet werden, um einen integrativen Ansatz zur Behandlung von Migräne zu bieten:


Körperlich

  • Selbstwahrnehmung-Therapie: Hier lernen Patient:innen, körperliche Prozesse wie Herzfrequenz und Muskelspannung bewusst zu steuern, was zur Migräneprävention beitragen kann.


  • Entspannungstechniken: Techniken wie progressive Muskelentspannung, Atemübungen und Yoga helfen, den Körper zu entspannen und Stress, der oft ein Auslöser für Migräne ist, zu reduzieren.


  • Lebensstiländerungen: Beratung zu Ernährung, Schlaf und körperlicher Aktivität unterstützt ein gesundes Gleichgewicht, das die Migräne beeinflussen kann.


Emotional

  • Psychodynamische und systemische Therapie: Diese Therapie hilft, unbewusste Konflikte und emotionale Verletzungen zu erkunden und zu verarbeiten, die zu psychosomatischen Symptomen wie Migräne führen können.


Mental

  • Glaubenssätze Arbeit: Diese Phase der Therapie konzentriert sich auf das Erkennen und Ändern negativer Gedankenmuster, die zu Stress und Migräne beitragen können, und fördert die Entwicklung von Bewältigungsstrategien für Stress.


  • Stressmanagement-Training: Durch das Erlernen von effektiven Techniken zum Umgang mit Stressoren im Alltag können Patient:innen die Häufigkeit von Migräneattacken verringern.


Coaching für Alltags

  • Time Management Training und Lebensstiländerungen fallen ebenfalls unter diese Kategorie, da sie Patient:innen praktische Werkzeuge an die Hand geben, um mit alltäglichen Herausforderungen umzugehen, die Migräne auslösen können. Hierbei geht es darum, effektive Strategien für Zeitmanagement, Prioritätensetzung und das Erlernen von aus wahre Bedürfnisse basierte Planung zu entwickeln, die direkt im Alltag angewendet werden können, um ein gesundes Gleichgewicht zu fördern und Stress zu minimieren.



Fazit

In einer Zeit, in der das Verständnis für die Komplexität von Gesundheit und Krankheit wächst, zeigt die Entwicklung der Behandlung von Migräne von einer rein körperlichen zu einer psychosomatischen Betrachtungsweise, wie wichtig eine ganzheitliche Herangehensweise an medizinische Herausforderungen ist. Die Berücksichtigung sowohl der körperlichen als auch der psychischen Dimensionen bietet neue Perspektiven und Behandlungsmöglichkeiten für Migränepatient:innen und unterstreicht die Bedeutung eines integrativen Gesundheitsansatzes.



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Quelle


Psychosomatische Ursachen: Studien zeigen, dass Stress und emotionale Störungen wesentlich zur Migräne beitragen, wobei Techniken wie Biofeedback und kognitive Therapie hilfreich sein können. Masahiro Hashizume 


Neurophysiologische Perspektive: Forschung deutet auf eine Rolle der Dysregulation zwischen Arousal Unit und exekutivem System bei Migräne hin, betont durch fehlende Habituation. Vincenzo Guidetti, Noemi Faedda & Michael Siniatchkin


Migräne und Trauma: Artikel erläutern, wie Trauma und psychische Merkmale wie Angst mit Migräne verbunden sind, unter anderem durch Dysregulation der HPA-Achse und autonomen Systems. Jean Kim, M.D.


Allostatic Load und Migräne: Studie zeigt, dass höhere Werte des Bologna Allostatic Load Index (BALI) mit einer Zunahme der Häufigkeit von Migräneattacken korrelieren, was Migräne als maladaptive Stressreaktion nahelegt.

Calogero Calabrò, Eliana Di Tillo, Umberto Pensato, Corrado Zenesini, Valentina Favoni, Camilla Fontana, Sabina Cevoli, Eliana Tossani, Pietro Cortelli, Silvana Grandi & Giulia Pierangeli

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